Die Idee
Da hat man sich dann irgendwann dafür entschieden bei der Herstellung der Fotos wieder den altmodischen, umständlichen Weg zu nehmen, verbringt Stunden damit Filme zu entwickeln und in zig Versuchen die Bilder dann wieder auf edles Baryt Papier zu bannen das sich dann wiederum weigert irgendwie glatt zu trocknen so man es denn nicht auf die Fensterscheiben klebt, die man danach dann auch wieder putzen darf…
Nun, ist man konsequent, so möchte man auch dem unendlichen Schatz an digitalen Bildern die man sein eigen nennt eine mindestens ebenso umständliche Behandlung zukommen lassen.
Praktisch veranlagte Menschen würden nun einen Drucker erwerben und die Bilder auf ein mehr oder weniger feines Papier ihrer Wahl einfach und profan ausdrucken.
Doch nicht mit mir! Der Weg zum analogen Bild muss doch auch umständlicher zu realisieren sein!
Also erst mal ein paar Stunden in Google verbracht, in diversen Foren für unpraktische denkende Menschen wie mich und dann die Inspiration gehabt.
Der Prozess
- Bild in Photoshop (oder LR oder was auch immer) nach Geschmack, Lust und Laune in Schwarz-Weiss umwandeln
- Das Bild invertieren (negativ)
- Auf Overhead Folie ausdrucken (dauerte ca. 6 Versuche bis ich die richtigen Einstellungen für den Drucker hatte)
- Die Overhead Folie 24h trocknen lassen (das Zauberwort lautet : Entschleunigung) und dann zuschneiden
- Derweil passende Belichtungsschablonen schneiden damit das Bild nur dort ist wo es hin soll und der Rest des Fotopapiers geschützt im Dunkeln bleibt
- Im Labor nun Fotopapier auf den Belichtertisch, Foliennegativ drauflegen, Schablone drüber, alles bei minimaler Sicht unter der roten Funzel sauber und präzise ausrichten, Glasplatte drauf, fluchen alles wieder auseinander und von vorne weil sich irgendwas verschoben hat
- Belichter an (Die Zeiten hat man vorher ja ermittelt, noch eine gute Stunde drauf)
- Belichter aus
- Fotopapier in den Entwickler (80-90 Sekunden)
- Ab ins Stopbad (weitere 30 Sekunden)
- Und dann ins Fixierbad (und wieder 2-3 Minuten Geduld)
- Ins Wasserbad schmeissen und jetzt Licht an und schauen was draus geworden ist
- Fluchen weil zu mau, anderen Gradationsfilter einsetzen, Zeiten umrechnen und wieder zurück zu Punkt 6
- Das Ganze so oft bis der Print den Vorstellungen entspricht
- 1-2 Stunden Wässern
- Abzug auf die Balkonscheibe Kleben (Nassklebeband) dabei meiner Freundin in Blut einen Vertrag unterschreiben das ich die Scheiben auch wieder putze während die Wasser-Klebstoffmischung aufs Parkett runter läuft
- 24h späte dann hält man einen perfekten Print in der Hand
Und nun nennt mir mal jemand einen umständlicheren Weg das Bild auf Papier zu bringen, na, irgendwer?
Und nun ein paar Bilder der ganzen Tortur:
Gondel – Venedig
Das folgende Bild habe ich im Herbst 2016 in Venedig gemacht. Die Umwandlung im SW ist bewusst sehr hart gewählt, die ganze Venedig Serie ist so, es spiegelt meine Empfindung dieses heruntergekommen Touristenzoos wider der eigentlich nur bei Nacht zu ertragen war, dann aber seinen ganz eigenen morbiden Charme entwickelte. Mein Tip an Venedig Besucher: Tagsüber schlafen, nachts die Stadt durchwandern. Stativ nicht vergessen.
Für den Prozess hier ist interessant wie diese extrem starken Kontraste und die geschlossenen schwarzen Flächen in der Umsetzung herauskommen würden.
Von links nach rechts und oben nach unten, gilt auch für die nachfolgenden Reihen:
- original
- sw umwandlung in LightRoom / nik SIlverEffex
- Negativerstellung in PhotoShop
- Das ausgedruckte negativ auf overheadfolie
- der fertige barytprint auf 300g hahnemühle totmatt von ilford
leider lassen sich die fertigen Bilder schlecht fotografieren, denn das Schwarz ist tatsächlich absolut satt und schwarz, das sieht man leider nur wenn man sie in Händen hält.
Raketenstation Hombroich
Im April 2017 aufgenommen anlässlich eines Besuchs der Museumsinsel Hombroich mit der wunderbaren Stephanie Jancke ist dieses Bild interessant in der Wiedergabe feiner Details und Grauverläufe, zeigt also ganz gut was mit dieser Technik möglich ist.
Hier noch ein paar Detailaufnahmen:
Und was Landschaft, Berge…
Dieses Bild entstand im Frühjahr 2014 in der französischen Alpen, hohe Kontraste und weiche Wolken sind hier die Herausforderung
Skulpturen, hier Henry Moore
Anlässlich eines Besuchs zur Presseeröffnung der Henry Moore Ausstellung in Rolandseck, ebenfalls wieder mit Stephanie Jancke die diesen Besuch auch ermöglich hat, habe ich diese Skulptur von Henry Moore – genannt locking piece und augenscheinlich inspiriert von einem Kniegelenk – gemacht.
Interessant hier sind die feinen kontrastarmen Details und die leichten Übergänge der grautöne
und auch hier noch einmal ein Detail

Wie gehts nun weiter?
Nachdem ich nun festgestellt hatte, das sich all der Aufwand zweifelsohne lohnt, habe ich erst einmal eine ganze Reihe meiner alten Bilder aus den hier bereits vorgestellten Reihen ausbelichtet und bin mit den Ergebnissen sehr zufrieden.
Daher habe ich nun Tintenstrahl Overheadfolie in A3 besorgt (gar nicht so leicht) und werde mich an grösseren Formaten, auch auf anderen Papieren versuchen.
Bei Erfolg werde ich hier darüber berichten.